Bis zum Aufstieg der Wirecard AG in den Dax war das Unternehmen aus Aschheim bei München fast nur Spezialisten bekannt. Seither heißt es öfter mal: „Sind das nicht die, mit denen man mobil bezahlen kann?“ Frank Sträter Kommunikation hat Geschäftsführer Jörg Möller im Herbst letzten Jahres für DER Mobility Talk gefragt, was Wirecard macht und warum die Geschäftsreisebranche davon profitieren kann.
Herr Möller, trifft die eingangs zitierte Beschreibung von Wirecard zu oder ist sie zu kurz gegriffen?
Jörg Möller: Grundsätzlich ist Wirecard ein Technologieunternehmen für Bezahlung und Mehrwertdienste mit Vollbanklizenz und keine reine Bank. Wir analysieren Prozesse auf ihr Automatisierungspotenzial, entwickeln digitale Lösungen und skalieren Anwendungen. Konkret verstehen wir uns als One Stop Shop für Zahlungslösungen – vom Einkauf bis zur Bankenlösung, vom mobilen Bezahlen über das Cash Management bis hin zum Risikomanagement. Die erteilten Banklizenzen gewährleisten, dass wir mit unseren Lösungen die gesamte Wertschöpfungskette digitalisieren und Zahlungsprozesse maximal konsolidieren können. Aktuell verfügt Wirecard über Banklizenzen in Deutschland, Großbritannien und Singapur, viele weitere sind in Vorbereitung.
Wirecard hat sich auch im Geschäftsreisebereich einen Namen gemacht. Was sind die Gründe?
Die Maximierung der Datenqualität und die umfassende Digitalisierung der Zahlungsprozesse sind hier zentrale Faktoren. Letztlich geht es um Big Data, die damit verbundenen Auswertungsmöglichkeiten und Optimierungspotenziale. Hier lassen sich mit unseren Lösungen erhebliche Effizienzreserven mobilisieren. Die Prozesskosten fallen nun mal niedriger aus, wenn länderspezifische Spesensätze bei Auslandsreisen automatisch erfasst und dem Konto des Reisenden gutgeschrieben werden können. Das gleiche gilt, wenn bar entrichtete Zahlungen für Taxi, U-Bahn oder Ähnliches durch digitale ersetzt werden können. Deshalb arbeiten wir an entsprechenden Lösungen. Keine Abrechnung, alles automatisch, in Europa und weltweit – das ist unsere Vision.
Kommen Ihnen dabei die einheitlichen europäischen Rahmenbedingungen der DSGVO entgegen?
Datenschutz und Datensicherheit haben bei Wirecard schon immer Top-Priorität. Für uns hat sich durch die Verordnung aber nicht sehr viel geändert, weil die deutsche Banklizenz, über die Wirecard seit 2006 verfügt, mit strengen Standards verbunden ist und noch deutlich höhere Anforderungen stellt. Dazu gehört auch die Aufsicht durch die BaFin, die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Gleichzeitig öffnet die deutsche Banklizenz das Tor in den gesamten EU-Raum, weil in einem Mitgliedsstaat zugelassene Banken auch in allen anderen Mitgliedsstaaten tätig sein dürfen. Außerhalb Europas unterliegt Wirecard den jeweiligen nationalen Gesetzen und Bestimmungen.
Wie bringt man globale Datenströme und unterschiedliches nationales Recht unter einen Hut?
Systeme, Kunden und ihre Daten werden der Rechtsnorm entsprechend getrennt. Verarbeitung und Schutz von Kundendaten erfolgen nach Maßgabe des jeweils geltenden Rechtraums. Konkret bedeutet das beispielsweise, dass Prozesse deutscher Kunden auf Systemen in Deutschland laufen. Der Umgang mit und der Zugriff auf diese Daten erfolgt dann ausschließlich nach deutschem Recht.
Eine Zukunft mit komplett digitalisierten Zahlungsprozessen haben Sie uns schon in Aussicht gestellt. Steht bei Wirecard sonst noch etwas an?
Jörg Möller: Perspektivisch werden wir neben Zahlungsprozessen auch Währungsräume und Wechselkurssysteme abbilden können. Unsere Vision ist die vollständige Digitalisierung des Zahlungssystems. Bedenkt man, dass weltweit noch zu 80-85 Prozent bar bezahlt wird, ist da noch viel Luft nach oben.